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M&A COVID-19 Telegramm XIX

1. Gesellschaftsrecht

a) Virtuelle Hauptversammlung bei der Aktiengesellschaft

Mit der Gesetzesänderung von § 1 COVID-19-Gesetz, die am 28. Februar 2021 in Kraft tritt und zunächst bis Ende 2021 gilt, werden Aktionärsrechte in virtuellen Hauptversammlungen erweitert:

  • Aktionäre haben nicht mehr lediglich eine Fragemöglichkeit, sondern ein Fragerecht im Wege der elektronischen Kommunikation.
  • Der Vorstand hat kein Ermessen mehr, ob, sondern nur wie er die Fragen beantwortet. Damit hat der Vorstand wie in der Präsenzversammlung sämtliche Fragen zu beantworten, es sei denn, er macht von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch.
  • Fragen der Aktionäre können bis zu einem Tag vor der Hauptversammlung (zuvor zwei Tage) mittels elektronischer Kommunikation eingereicht werden.

Anträge oder Wahlvorschläge, die gemäß § 126 AktG oder § 127 AktG zugänglich zu machen sind, gelten als in der Versammlung gestellt (sog. „Fiktionslösung“), wenn der Aktionär ordnungsgemäß legitimiert und zur Hauptversammlung angemeldet ist. Dies ermöglicht den Aktionären, die Antrags- und Vorschlagsrechte gemäß §§ 126, 127 AktG auszuüben, unabhängig davon, ob eine Präsenz- oder virtuelle Hauptversammlung vorliegt.

b) Virtuelle Gesellschafterversammlung bei der GmbH

Die COVID-Gesetzgebung hat Erleichterungen für Gesellschafterbeschlüsse der GmbH im Umlaufverfahren geschaffen (lesen Sie zum Umlaufverfahren hier mehr und hören Sie dazu unseren Podcast). Die Erleichterungen gelten allerdings laut einer Entscheidung des Landgerichts Stuttgart (44 O 52/20 KfH) nicht, wenn die Satzung Einstimmigkeit für das Umlaufverfahren vorsieht. Die Möglichkeit, virtuelle Gesellschafterversammlungen abzuhalten, bspw. in Form von Telefon- und Videokonferenzen, wurde bisher für die GmbH nicht gesetzlich verankert.

Das Abhalten einer virtuellen Gesellschafterversammlung (oder einer kombinierten Versammlung mit teils präsenten teils virtuell zugeschalteten Gesellschaftern) erfordert bei der GmbH eine ausdrückliche Satzungsregelung. Es empfiehlt sich, entsprechende Regelungen in die Satzung aufzunehmen, um die Handlungsfähigkeit der Gesellschafterversammlung (auch in Krisenzeiten) sicherzustellen. Dabei kann das Abhalten einer virtuellen Gesellschafterversammlung auf die Fälle beschränkt sein, in denen ein wichtiger Grund (bspw. Pandemie) oder die Zustimmung eines bestimmten Quorums der Gesellschafter vorliegt. Sieht das Gesetz das Abhalten einer Präsenzversammlung vor (bspw. § 49 Abs. 3 GmbHG), ist aufgrund der strittigen/unklaren Rechtslage vom Abhalten einer virtuellen Gesellschafterversammlung oder eines Umlaufverfahrens aktuell abzuraten.

2. Insolvenzrecht

Mit Gesetz vom 15. Februar 2021 wurde die Insolvenzantragspflicht mit Wirkung vom 1. Februar 2021 bis zum 30. April 2021 für solche Unternehmen ausgesetzt, die vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht setzt allerdings voraus, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Zudem kommt eine Befreiung von der Insolvenzantragspflicht für solche Unternehmen nicht in Betracht, bei denen offensichtlich keine Aussicht auf die beantragte Hilfeleistung besteht oder die beantragte Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist.

3. Steuerrecht

a) Erhöhung des steuerlichen Verlustrücktrags von EUR 5 Mio. auf EUR 10 Mio.

Am 3. Februar 2021 hat die Regierung weitere steuerliche Hilfen beschlossen. Der Entwurf eines Dritten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 9. Februar 2021 sieht eine Erhöhung des steuerlichen Verlustrücktrags für körperschaftsteuerliche Verluste der Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 von bisher EUR 5 Millionen auf EUR 10 Millionen vor.

Achtung: Ein Rücktrag ist weiterhin nur in das unmittelbar vorangegangene Wirtschaftsjahr möglich und für Zwecke der Gewerbesteuer nicht zulässig.

Ebenso wie die Grenze des steuerlichen Verlustrücktrags soll auch der Höchstbetrag bei der Anpassung von Steuervorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 und des vorläufigen Rücktrags von Verlusten in den Veranlagungszeitraum 2019 erhöht werden. Hierdurch kann die Liquidität von Unternehmen durch die entsprechende Erstattung bereits geleisteter Vorauszahlungen unmittelbar gestärkt werden.

b) Einführung einer Sofort-AfA für digitale Wirtschaftsgüter vorerst gestoppt

Am 19. Januar 2021 beschloss die Regierung, dass für bestimmte digitale Wirtschaftsgüter zukünftig eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr gelten soll. Dies hätte zur Folge, dass Kosten für diese Wirtschaftsgüter bereits im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung steuerlich abzugsfähig wären. Die Umsetzung sollte zeitnah durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) erfolgen.

Es bestehen aber rechtliche Bedenken gegen eine Umsetzung durch ein BMF-Schreiben. Es steht noch nicht fest, ob nun der Gesetzgeber tätig wird.

4. COVID-19-Pandemie und Gerichtsverfahren

Schon zu Beginn der COVID-19-Pandemie gingen erste Unternehmen gerichtlich gegen die angeordneten Betriebsschließungen vor. Die Verfahren größerer Unternehmen des Einzelhandels hatten in erster Linie die 800 m²-Beschränkung zum Gegenstand. Auch im Rahmen des zweiten Lockdowns werden wieder vermehrt gerichtliche Verfahren gegen die Einschränkungen angestrengt und so häufen sich aktuell Klagen zahlreicher Einzelhändler gegen die Verlängerung des Lockdowns. Den Anfang machte Mitte Februar ein großer Modehändler, der sich in seinem Eigentumsrecht und dem Recht auf Gleichbehandlung im Vergleich zu Supermärkten mit Bekleidungsabteilung verletzt sah und Eilanträge auf Wiedereröffnung seiner Filialen in verschiedenen Bundesländern einreichte. Der Eilantrag in Baden-Württemberg (VGH Mannheim, Az. 1 S 398/21) wurde bereits unter Verweis auf das Überwiegen des Gesundheitsschutzes zurückgewiesen.

Zeitgleich reichte ein weiteres Modeunternehmen einen Eilantrag beim VGH Mannheim ein, wobei es sich – trotz der Etablierung von umfassenden Hygiene- und Abstandsregelungen in Einzelhandelsgeschäften – auf die andauernde Ungleichbehandlung gegenüber Friseuren, die unter Beachtung eines Hygiene- und Abstandskonzepts bereits ab dem 1. März 2021 öffnen dürfen, berief.

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Autoren: Dr. Ralf Bergjan, Dr. Nico Fischer, Tobias Jäger, Dr. Marco Ottenwälder, Benjamin Maciejewski, Nemanja Burgić, Dr. Matthias Meier, Dr. Stefan Weinberger