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Fondsvertrieb und Pre-Marketing ab 2. August 2021 – Was jetzt zu beachten ist

Zum 2. August 2021 treten neue Vorschriften in Kraft, die das Pre-Marketing von Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen (OGAs) erstmalig EU-weit vereinheitlichen.

Gleichzeitig gibt es neue Regelungen, wie das entsprechende Marketing-Material künftig inhaltlich zu gestalten ist.

Beide Neuerungen betreffen Kapitalverwaltungsgesellschaften mit Vollerlaubnis sowie EuVECA- und EuSEF-Manager, die ihre Produkte über den 2. August 2021 hinaus an (potentielle) Anleger vertreiben bzw. Pre-Marketing betreiben.

Zusammenfassung

Ab 2. August 2021 gelten statt der bisher uneinheitlichen nationalen Ansätze EU-weit einheitliche Regelungen zum Pre-Marketing.

Neben der neuen Definition des Begriffs „Pre-Marketing“ gibt es auch ein formalisiertes Notifizierungsverfahren, das AIF-KVGen, EuVECA- und EuSEF-Manager künftig einhalten müssen.

Für OGAs, die ab dem 2. August 2021 im regulären Vertrieb sind, müssen erfasste KVGen neue Vorgaben für Vertriebsmaterial (sog. „Marketing-Anzeigen“) einhalten.

Marketing-Anzeigen müssen als solche erkennbar sein, Chancen und Risiken eines Investments gleich gewichten und müssen fair, eindeutig und nicht irreführend sein.

Insbesondere die detaillierten Vorgaben der ESMA zur inhaltlichen Gestaltung von Marketing-Anzeigen dürften erhebliche Auswirkungen auf die Vertriebsdokumentation haben.

A. Pre-Marketing

Das Pre-Marketing-Konzept wurde 2019 im Rahmen eines Maßnahmenpakets der EU-Kommission mit dem Ziel der weiteren Harmonisierung der Vertriebsregeln im Rahmen einer Änderungsrichtlinie zur AIFM-Richtlinie eingeführt und in Deutschland jüngst durch das sog. Fondsstandortgesetz ins KAGB übernommen, wirksam ab dem 2. August 2021. Es gilt für AIF-KVGen und unter den entsprechenden Verordnungen auch für EuVECA- und EuSEF-Manager.

„Pre-Marketing“ beschreibt kurz gesagt die durch eine KVG oder in deren Auftrag erfolgende direkte oder indirekte Bereitstellung von Informationen oder Mitteilung über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte an potentielle professionelle Anleger in der EU mit dem Ziel festzustellen, inwieweit diese Interesse an einem AIF haben. Der AIF darf in dem betreffenden Mitgliedstaat noch nicht zugelassen bzw. noch nicht zum Vertrieb angezeigt sein und das Pre-Marketing darf noch kein Angebot an den potentiellen Anleger zur Investition in die Anteile dieses AIF darstellen.

Es geht also um eine Regulierung der Phase vor dem eigentlichen Vertriebsstart. Das Pre-Marketing ist nun EU-weit zulässig (in manchen EU-Staaten erstmals), verlangt aber eine Notifizierung an die zuständige Aufsichtsbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Aufnahme des Pre-Marketings unter Angabe bestimmter Informationen und Dokumente.

AIF-KVGen sollten sich unbedingt mit dem neuen Verfahren vertraut machen, da für vertriebsbezogene Kontakte mit potentiellen Anlegern außerhalb des Pre-Marketings bzw. des regulären Vertriebs nur noch wenig Spielraum verbleiben wird.

Zu beachten ist auch, dass die neuen Regeln den Kreis Dritter, die Pre-Marketing für die betreffende KVG betreiben dürfen, erheblich einschränken: Dies sind künftig nur noch KVGen mit Vollerlaubnis, Kreditinstitute und Wertpapierdienstleistungsunternehmen.

Für mehr Informationen zum Pre-Marketing klicken Sie hier auf unsere Mandanteninformation vom 15. März 2019.

B. Marketing-Anzeigen

Im Schatten der Pre-Marketing Debatten haben die neuen Regelungen über Marketing-Anzeigen bislang kaum Aufmerksamkeit erhalten. Diese beruhen auf einer unmittelbar anwendbaren EU-Verordnung zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs von OGAs, deren materielle Vertriebsregelungen nun ebenfalls zum 2. August 2021 in Kraft treten.

Die neuen Pflichten treffen alle KVGen mit Vollerlaubnis sowie ebenfalls EuVECA- und EuSEF-Manager.

Sie sind inhaltlich parallel zu bereits aus dem MiFID-Universum bekannten Vorgaben gestaltet, die bislang die KVGen allenfalls als Reflex betroffen haben. Danach müssen Marketing-Anzeigen immer

  • als solche erkennbar sein;
  • die Chancen und Risiken eines OGAs vergleichbar deutlich beschreiben; und
  • generell fair, eindeutig und nicht irreführend sein.

Das scheint überwiegend unproblematisch, aber beispielsweise stellen viele Vertriebspräsentationen naturgemäß eher die Chancen eines Investments in den Vordergrund, während die Risiken bislang allenfalls im Kleingedruckten auftauchen.

Der Begriff der Marketing-Anzeigen ist sehr weit gefasst. Er wird nahezu jede werbende Kommunikation umfassen, einschließlich solcher auf Websites und in sozialen Medien, mit Ausnahme rechtlicher und regulatorischer Dokumente. Pre-Marketing-Material soll nicht umfasst sein.

Präzisierungen enthalten jüngst veröffentlichte Leitlinien der Europäischen Aufsichtsbehörde ESMA, die voraussichtlich Ende 2021 formal in Kraft treten werden.

KVGen mit Vollerlaubnis, EuVECA- und EuSEF-Manager sollten ab 2. August 2021 sämtliches von ihnen verwendetes Vertriebsmaterial (Präsentationen, Pitch Books,  Teaser, LinkedIn Messages etc.) an den neuen Vorgaben messen.

Autoren: Dr. Tobias Lochen, Dr. Stephan Schade, Uwe Bärenz, Amos Veith, Dr. Sebastian Käpplinger, Miriam Palczynska-Zachmann, Leonie Schönemann
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