Ergänzung des BMF-Schreibens zum Investmentsteuergesetz
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in der letzten Woche die lange erwartete Ergänzung des Anwendungsschreibens zum Investmentsteuergesetz vom 21. Mai 2019 veröffentlicht. Diese ursprüngliche Fassung (vgl. unsere Mandanteninformation vom 19. Juni 2019) hatte Ausführungen zu den sog. Spezial-Investmentfonds ausgelassen. Bereits im Dezember 2019 und im Juni 2020 waren Entwürfe des nun veröffentlichen BMF-Schreibens bekannt geworden. Bisher hatte sich die Finanzverwaltung zu wichtigen Aspekten der Erwerbbarkeit von Beteiligungen an geschlossenen Alternativen Investmentfonds nach dem seit 2018 geltenden reformierten Investmentsteuergesetz nicht abschließend geäußert.
Zusammenfassung
Das Schreiben enthält einige wichtige Klarstellungen, lässt aber teilweise auch Fragen offen:
- Ein Erwerb von Anteilen an geschlossenen Fonds als Wertpapiere ist für einen Spezial-Investmentfonds grundsätzlich weiterhin zulässig.
- Beteiligungen an geschlossenen Fonds, die als Wertpapiere einzuordnen sind, unterliegen keiner steuerlichen Begrenzung auf 20 % des Wertes des Spezial-Investmentfonds.
- Der Anteil an einer direkt oder über eine Personengesellschaft gehaltenen, nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft darf 10 % deren Kapitals nicht erreichen. Offen lässt das Schreiben die Frage, ob diese 10 %-Grenze auch in Bezug auf Anteile an einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gilt.
- Hinsichtlich der Erwerbbarkeit von Beteiligungen an Personengesellschaften und ihrer Anrechnung auf die 20 %-Grenze bleiben teilweise weiterhin Unklarheiten.
Die in dem Schreiben u.a. adressierten Aspekte sind für Spezialfonds relevant, die für deutsche steuerliche Zwecke als Spezial-Investmentfonds konzipiert sind und die in der Folge dem semitransparenten Besteuerungsregime nach Kapitel 3 des Investmentsteuergesetzes unterliegen. Spezialfonds werden für die Kapitalanlagen vieler deutscher institutioneller Investoren verwendet, und zwar zunehmend auch für Beteiligungen an geschlossenen Fonds.
Der steuerliche Status als Spezial-Investmentfonds hängt von der Einhaltung bestimmter Produktanforderungen ab, die auch die Anlagebedingungen und -tätigkeit des Spezial-Investmentfonds betreffen. Dieser kommt eine hohe praktische Bedeutung zu, weil bestimmte Verstöße gegen die Anforderungen einen irreversiblen Verlust des Steuerstatus zur Folge haben können.
Nachstehend fassen wir einige wesentliche Aspekte des Schreibens zusammen:
- Erfreulich ist, dass das Schreiben bestätigt, dass Beteiligungen an geschlossenen Fonds, auch wenn diese als Investmentfonds einzuordnen sind, für investmentsteuerliche Zwecke als Wertpapiere qualifizierbar sind und damit grundsätzlich als erwerbbare Vermögensgegenstände eines Spezial-Investmentfonds in Frage kommen. Dies betrifft geschlossene Fonds, die als Kapitalgesellschaften oder Sondervermögen strukturiert sind. Ein im Dezember 2019 bekannt gewordener Entwurf des nun veröffentlichen Entwurfs hatte den Erwerb von Anteilen an geschlossenen Fonds in der Form von Kapitalgesellschaften oder Sondervermögen noch ausgeschlossen. Dies betraf insbesondere zahlreiche Luxemburger Dach- und Feeder-Strukturen, die dort in unterschiedlichen aufsichtsrechtlichen Rahmen z.B. als fonds de commun de placement (FCP), société anonyme (SA) oder société commandite par actions (SCA) strukturiert sind. Nunmehr ist geklärt, dass diese Fondsanteile – wie bereits zuvor für investmentaufsichtsrechtliche Zwecke – auch für investmentsteuerliche Zwecke erwerbbare Vermögensgegenstände sein können.
- Neu ist eine Klarstellung, wonach als Wertpapiere qualifizierende Anteile nicht auf die 20%-Obergrenze anzurechnen sind; diese Obergrenze begrenzt Investitionen eines Spezial-Investmentfonds in nicht notierte Anteile auf 20 % des Wertes des Spezial-Investmentfonds. Relevant kann dies für Spezial-Investmentfonds werden, bei denen eine entsprechende 20 %-Grenze nicht bereits aus regulatorischen Gründen gilt, wie dies z.B. bei den häufig verwendeten offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284 KAGB) der Fall ist. Für entsprechende ausländische Spezialfonds bzw. z.B. allgemeine offene inländische Spezial-AIF (§ 282 KAGB) kann sich hieraus ein größerer Handlungsspielraum für Engagements im Bereich der alternativen Investments ergeben, sofern dem nicht andere investorenseitig zu beachtende Aspekte entgegenstehen (z.B. im Hinblick auf Konsolidierungsfragen oder versicherungsaufsichtsrechtliche Vorgaben).
- Keine ausdrückliche Privilegierung sieht das Schreiben hingegen bei Beteiligungen an geschlossenen Investmentfonds in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, die als „Wertpapiere“ erworben werden, für Zwecke der emittentenbezogenen Höchstbeteiligungsgrenze von 10 % für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften vor; diese Grenze schreibt vor, dass die Beteiligung unter 10% des Kapitals der Kapitalgesellschaft repräsentieren muss. Bestimmte offene Investmentfonds in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft werden zwar ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der 10 %-Grenze ausgenommen, nicht aber geschlossene Investmentfonds, die als „Wertpapiere“ erworben werden. Unklar ist, ob dies eine versehentliche Lücke im Schreiben ist.
- Die Reichweite der Benennung von Beteiligungen an gewerblichen Personengesellschaften als für die sog. „Schmutzgrenze“ relevante (d.h. grundsätzlich unzulässige) Vermögensgegenstände bleibt unklar. Nach unserem Verständnis schließt das Gesetz den Erwerb von Beteiligungen an geschlossenen originär oder kraft sog. Infektion gewerblichen AIF-Personengesellschaften nicht aus, sofern diese als erwerbbare Kataloggegenstände (insb. Wertpapiere) qualifizieren. Das aufgrund eines ausdrücklichen gesetzlichen Verweises auch für das Investmentsteuergesetz maßgebliche Aufsichtsrecht für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) lässt eine Qualifikation von Beteiligungen an geschlossenen Fonds (auch in der Rechtsform einer Personengesellschaft) als Wertpapiere unter den in der sog. Eligible Assets-Richtlinie normierten Voraussetzungen zu. Anteile an gewerblichen AIF-Personengesellschaften dürften für investmentsteuerliche Zwecke nicht mehr auf die Anleger-bezogene 20 %-Wertgrenze anzurechnen sein, d.h. auch dann (insb. als Wertpapier) erwerbbar sein, wenn sie mehr als 20 % des Wertes des Spezial-Investmentfonds ausmachen. Nur für Alt-Fälle, in denen Anteile an gewerblichen AIF-Personengesellschaften bereits vor dem 28. November 2013 als sog. Unternehmensbeteiligungen erworben wurden, sieht das Schreiben eine Anrechnung auf die 20 %-Grenze vor.
- Für Beteiligungen an vermögensverwaltenden Personengesellschaften (auch wenn diese AIFs sind) sieht das BMF-Schreiben vor, dass eine Durchschau auf die von der Personengesellschaft gehaltenen Vermögensgegenstände erforderlich sei. Dies soll auch für nicht gewerblich tätige, aber gewerblich geprägte Personengesellschaften gelten. Das Konzept der Durchschau steht im Gegensatz zu der aufsichtsrechtlichen Qualifikation von Beteiligungen an Personengesellschaften als Vermögensgegenstand. Im Hinblick darauf, dass die für Spezial-Investmentfonds geltenden Produktanforderungen maßgeblich vom Aufsichtsrecht geprägt sind, bereitet dieser Widerspruch in der Praxis Schwierigkeiten. Unseres Erachtens sollte eine Durchschau entbehrlich sein, falls der Anteil an der Personengesellschaft als Wertpapier erwerbbar ist.